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Theologische Anmerkungen

Eine Methode aus der Wirtschaft in der Kirche?

Jahresgespräche sind ein in Wirtschaft und Verwaltung bewährtes Instrument der Personalentwicklung. Bevor die Landeskirche dieses Instrument übernommen hat, hat sie genau geprüft, ob diese Methode zum Wesen und Auftrag der Kirche passt. Das Ergebnis war positiv. Das Menschenbild, das hinter dieser Methode steht, entspricht dem christlichen Menschenbild. Auch das Verständnis von Leitung, das bei den Jahresgesprächen zum Ausdruck kommt, ist dem Umgang von Christen miteinander angemessen.

"Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde." (1. Mose 1,27)

Jahresgespräche als Bestandteil eines Personalentwicklungs-Konzeptes gehen von der Gottesebenbildlichkeit des Menschen aus. Sie begreifen den einzelnen Mitarbeiter, die einzelne Mitarbeiterin als einen Schatz, der eine Fülle von Gaben hat. Ziel von Kirche als Dienstherr oder Arbeitgeber ist es, den einzelnen Mitarbeiter, die einzelne Mitarbeiterin zu ermutigen, mit diesen Gaben zu wuchern, sie einzusetzen, gleichzeitig aber auch die eigenen Grenzen und Fehler anzunehmen. Diesem Ziel dienen Jahresgespräche.

Den Menschen achten - die Taten prüfen

Bei den Jahresgesprächen wird das gewürdigt, was jemand in seinem Beruf leistet. Eigene Stärken und Schwächen kommen in den Blick.  Dabei steht aber immer im Hintergrund, dass jeder Mensch unabhängig von seinen Taten von Gott geliebt ist. Er bleibt Gottes Ebenbild auch wenn das, was er tut, misslingt.

Weil es im Jahresgespräch nur um die Taten und nicht um das Ansehen des ganzen Menschen geht, können die Gesprächsteilnehmer die Situation realistisch in den Blick nehmen. Sie können sich an Erfolgen freuen und die Ursachen für  Misserfolge suchen. Sie können Verantwortung für ihr Tun übernehmen und auch ihre eigenen Grenzen akzeptieren. Denn beide wissen, dass sie geliebtes Geschöpf Gottes sind und bleiben.

Ein gemeinsamer Auftrag

Im Jahresgespräch vergewissern sich beide Seiten des gemeinsamen Auftrags und sie bedenken gemeinsam, wie sie diesen Auftrag sachgerecht erfüllen können. Mit dieser Aufgabenstellung steht das Jahresgespräch kirchengeschichtlich in der Tradition der Visitation, wie sie sich seit der Reformation entwickelt hat. Gleichzeitig knüpft es an die biblische Überlieferung von Ermutigung und Ermahnung für einzelne Personen oder ganze Gemeinden an, wie sie sich praktisch in allen Schriften des Neuen Testaments findet.

"Es sind verschiedene Ämter, aber es ist ein Herr." (1. Korinther 12,5)

Jahresgespräche setzten auf Kommunikation, Kooperation und Transparenz und sollen dem einzelnen Mitarbeiter und der einzelnen Mitarbeiterin Wertschätzung vermitteln. Gerade am Beispiel der Zielvereinbarung zeigt sich, dass  Jahresgespräche nicht vom Gedanken der Anordnung, sondern vom Gedanken einer Leitung durch vertraglichen Konsens geprägt sind. Diese Form der Leitung entspricht dem Grundsatz, dass die verschiedenen Ämter in der Kirche keine Herrschaft der einen über die anderen, sondern die Ausübung des der ganzen Gemeinde anvertrauten und befohlenen Dienstes begründen.

"Es sind verschiedene Gaben, aber es ist ein Geist." (1. Korinther 12,4)

Jahresgespräche dienen der Einheit der Kirche, indem sie helfen, die Gaben der einzelnen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen wahrzunehmen und gezielt zum Wohl der ganzen Kirche zum Einsatz zu bringen. Jeder Beruf trägt seinen Teil zum Ganzen bei.

(Zusammenfassung aus dem Abschlussbericht des Landeskirchenamtes zum Ende der Pilophase)

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Benjamin Dippel Bild: privat

Jahresgespräche finde ich gut,

weil sie Vertrauen schaffen. Beide Gesprächspartner bekommen Einblick in die jeweiligen Aufgaben und Zielvorstellungen. Das Jahresgespräch ist Wertschätzung von individuellen Kenntnissen und Fähigkeiten. Herausforderungen können mit den gemeinsam gesetzten Zielen gemeistert und Konflikt-Potentiale erkannt werden. Innovative Ideen bekommen einen „Raum zum Gedeihen“. So können Jahresgespräche Bausteine „lebendiger Kirche“ sein.

Benjamin Dippel, Kreiskantor im Kirchenkreis Leine-Solling